Bahnhof als gute Adresse

18.01.2013

Bürgermeister Heinz Öhmann erinnert bei der Einweihung des neuen Bahnhofes in Coesfeld an die Veränderungen dieses in den letzten Jahren.

Noch bevor der Bahnhof, das Bahnhofsgebäude im Jahr 1910 fertig gestellt wurde, war Coesfeld schon ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Von 1904 bis in die 60er Jahre erlebte dieser Eisenbahnknoten viele Höhepunkt.  

Wie viele andere Bahnhöfe im Lande verlor auch der Bahnhof Coesfeld in den 70er- und 80er Jahren seine zentrale Funktion.  

Die Bahn verlor als Arbeitgeber wie als Verkehrs- und Transportmittel an Bedeutung. Mit der Schließung des Bahnbetriebswerkes und Rangierbahnhofs in den 80er Jahren verschärfte sich dieser Prozess weiter. Streckenstilllegungen wurden diskutiert und realisiert. 

Seitdem hat uns in Rat und Verwaltung permanent eines angetrieben: „Der Bahnhof muss wieder eine gute Adresse werden!“   

Was hat die Stadt unternommen?  

  • Aus den Flächen des Bahnbetriebswerks und des Rangierbahnhofs haben Stadt und Bahn Mitte der 90er Jahre in einer konzertierten Aktion und mit Landeshilfe Gewerbeflächen entstehen lassen. U.a. produziert dort im Gebiet „Am Wasserturm“  die Firma Klostermann ihre hochwertigen Steine. Der Namenszug „Am Wasserturm“ erinnert noch an den alten Wasserspeicher für die Dampfloks, die bis in die 60er Jahre hinein eingesetzt wurden.  
  •  Anfang der 90er Jahren sind auf unsere Initiative der Busbahnsteig sowie Stellplätze für Pkw und Rad gebaut, die Bahnhofshalle aufgewertet und der Bahnhofsvorplatz saniert worden. Auch hier haben uns Bund und Land mit Förderung geholfen

Dennoch fehlte es nach wie vor an der zentralen Bedeutung im Gefüge der Stadt. Die Aufnahme in das Aktionsprogramm 100 Bahnhöfe zur Jahrtausendwende sollte weiterhelfen.  

Dazu wurden bereits 2001 Zukunftsbilder entworfen. Die Stadt hat das Planungsbüros Wolters + Partner mit dem Konzept „Gleis auf Zukunft“ beauftragt. Die im Konzept beschriebenen Handlungsfelder sind bis heute ein Maßstab für Qualität, Nachhaltigkeit und eine Orientierung für Investitionen.

Es war leider nicht möglich, das Quartier hier in einem Rutsch durch zu sanieren. Wir haben vielmehr Einzelbausteine aus dem Konzept von Wolters + Partner „Gleis auf Zukunft“ (ggf. hochhalten) umgesetzt. Teilweise mit Partnern, oft mit Hilfe von Fördergeldern, immer in enger Zusammenarbeit mit der Bahn. 

Die größte Initiative lag bei der Stadt, was natürlich ist, denn wir sind auf die vernachlässigten Bereiche, den Zustand der Anlagen, die Unwirtlichkeit der Umgebung angesprochen worden. Immer wieder, täglich, wöchentlich, über Jahre, von vielen Bürgern und Besuchern. 

Was haben wir aus dem Konzept „Gleis auf Zukunft“ umgesetzt?  

1999: Mit dem verkehrsberuhigten Ausbau der Gartenstraße entsteht eine attraktive Verbindung vom Bahnhof zur Innenstadt - ein Beitrag zu „Stadt verflechten“, also Stadtteile verbinden, Licht machen, Radlern und Fußgänger Wege weisen.  

Das ist immer noch nicht ganz optimal gelungen. 

Und im Jahr 2000 haben wir 80 neue Pendlerparkplätze zwischen den Bahngleisen an der Rekener Straße errichtet. 

Doch weiterhin blieb das Bahnfahren für Menschen mit Behinderungen sehr beschwerlich.   

Ohne tatkräftige Hilfe von Begleitpersonen oder freundlichen Mitmenschen konnten sie hier nicht zurechtkommen. Der Tunnel wurde immer schmuddeliger, die Bahnüberdachungen waren eine äußerst schlechte Visitenkarte.  

2007:Ihr Vorgänger, Verkehrsminister Wittke, war in Coesfeld zu Besuch. Bewusst habe ich ihn durch den Tunnel und auf die Bahnsteige geführt. Herr Wittke war damals entsetzt und äußerte öffentlich: „Sie finden vermutlich in ganz Ostdeutschland keinen so heruntergekommenen Bahnhof.“ Min. Wittke hat mit dafür gesorgt, dass wir in der Förderung vorankamen. 

Die Planungen bekamen aber auch deshalb Fahrt, weil die Stadt Coesfeld die Vorplanung – Variantenuntersuchung – für die Modernisierung des Bahnhofes in Auftrag gegeben hatte. Gemeinsam mit dem Zweckverband SPNV Münsterland (ZVM) haben wir die Vorplanung finanziert und damit das Projekt überhaupt erst angestoßen. 2011 begann dann der Ausbau.  

2007/08: Aufwertung des Bahnhofumfeldes zum „Bahnhofsquartier“. Thema: Sicherheit vermitteln, Service schaffen.  

2007 war ein weiteres wichtiges Jahr. Gemeinsam mit der ITG und den Eigentümern Scholz und Borgmann ist es gelungen, die Brachflächen an der Ostseite des Bahnhofsvorplatzes zu beseitigen. Die ITG hat ein attraktives Fachmarktzentrum entstehen lassen, die Stadt hat auf den Flächen der ehemaligen Ladestraße, die sie vorausschauend vor Jahren erworben hatte, die Hansestraße gebaut. Den Bahnhofsvorplatz haben in diesem Zuge nochmals angepasst und dabei auch die Kiss and Ride Plätze sowie die neue Taxispur geschaffen.  

2008: An der Westseite entsteht der Skaterplatz am Bahnweg, ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Jugendliche in unmittelbarer Nachbarschaft des Jugendhauses Stellwerk. 

2009: Pier Expert, das in Coesfeld etablierte und beratungsstarke Unternehmen für Elektronik, zieht von der Gartenstraße in die Sökelandstraße. Das Bahnhofsumfeld wird dadurch weiter aufgewertet, der benachbarte Gebäudebestand modernisiert. 

2011/12:  Heute freuen wir uns über die abgeschlossene Modernisierung der Verkehrsanlagen des Bahnhofs Coesfeld durch die Deutsche Bahn AG. 

Der Tunnel ist neu errichtet worden. Er präsentiert sich freundlich und einladend. Die Bahnsteige und Gleisdächer sind modernisiert. 

Alle Menschen können nun Bahnfahren. Die Stufen sind beseitigt: Aufzüge bringen die Bahnfahrer bequem auf die Gleisebene, moderne Bahnsteigdächer schützen sie vor der Witterung, die Bahnsteige gewähren einen komfortablen Einstieg und Aufenthalt. Damit ist das Herzstück endlich fertig. Und es ist gelungen! 

Doch es gibt immer noch Herausforderungen: 

  •  Wir planen weitere Parkplätze für Pkws und Abstellplätze für Fahrräder. So sollen neben dem Jugendhaus und westlich vom Bahnhofsgebäude weitere und witterungsgeschützte Fahrradabstellanlagen entstehen.   
  • Weiter arbeiten wir an einer Zukunftsperspektive für das Bahnhofsgebäude. Es ist nun die größte Herausforderung, hier eine sich wirtschaftliche tragende, attraktive Nachnutzung zu organisieren. Das dient sowohl den Zielen „Baukultur“ als auch „Warten kultivieren“ aus dem Konzept „Gleis auf Zukunft“.  
  • Auch die restlichen Flächen westlich der Verkehrsstation wollen wir aufwerten. Zum Jahresende 2012 haben wir die Busspur und die durch Verlegung der Strecke nach Gronau freiwerdenden Grundstücksflächen gekauft. Weitere Grundstücke wollen wir kaufen und dann für die Stadtentwicklung nutzbar machen.  
  •  Nicht zuletzt wollen wir Bahnfahren attraktiver machen. Diese Fragestellung erarbeiten wir gemeinsam mit den Kommunen Reken und Dorsten und der Regionale-Agentur. Das Regionale-Projekt Bahn Land Lust- Zukunftsschiene Coesfeld-Reken-Dorsten will das Mobilitätsangebot  deutlich verbessern und ausweiten, um die Bahnlinie auf Dauer zu erhalten.  

Geplant ist unter anderem:

  • das Fahrangebot zu vergrößern, ein Baustein ist die sogenannte Flügelung in Dorsten, •    einen neuen Haltepunkt in Klein-Reken zu schaffen.      
  • Außerdem sollen die Fahrpläne besser mit anderen Anbietern im ÖPNV abgestimmt werden.  •    Vor allem sollen die Bahnhöfe als Ankerpunkte aufgewertet werden.      
  • Nicht zuletzt wollen wir touristische Potenziale entlang der Strecke heben und    
  • den Service verbessern. 

Sie sehen: wir sind als Stadt in Sachen Bahn aktiv.  

Bahn bedeutet für uns mit Blick auf den ehemals wichtigsten Arbeitgeber in Coesfeld sowohl Herkunft als auch mit Blick auf die zentrale Funktion der Stadt und die Anbindung an die Oberzentren Zukunft. Wir feiern daher jeden Meilenstein und planen parallel den nächsten.  

Ich bin zuversichtlich, dass wir uns bei ähnlicher Gelegenheit hier in Bahnhofsnähe wiedertreffen werden, um etwas neu Entstandenes einzuweihen. Wir alle dürfen gespannt sein, was aus unserem Bahnhof – dem Gebäude selber – werden wird. Ich für meinen Teil freue mich darauf. 

Mein Dank gilt Ihnen allen, die Sie mitgewirkt haben, dass diese Meilensteine, die wir schon geschafft haben, Wirklichkeit werden konnten.  Vor allem der DB Station und Service, die hier in den vergangenen Monaten die Großbaustelle organisiert hat.  

Vielen herzlichen Dank für die modernisierten, barrierefreien neuen Verkehrsanlagen am Bahnhof Coesfeld